Was unterscheidet einen guten GTR von einem weniger guten? – Die Antwort auf diese Frage hängt zu einem großen Teil
vom Einsatzzweck des Geräts ab. Ein technikinteressierter Mathematikstudent stellt andere Anforderungen an einen GTR als
ein Lehrer, dessen Vorstellungen von einem „guten“ GTR sich wiederum unterscheiden von denen der Schüler und der Eltern.
Worauf es ankommt
Meine Bewertung der Modelle erfolgt aus der Sicht des Mathematiklehrers und legt die folgenden
Kriterien zugrunde, die nach absteigender Priorität geordnet sind.
- Die Anforderungen „NRW 2014“ müssen erfüllt sein.
- Eine intuitive Bedienung der am häufigsten benötigten Funktionen bzw. Anwendungen muss gelingen.
Dieser Aspekte beeinflusst den Lernerfolg und den Unterrichtsablauf ganz erheblich und kann in seiner Bedeutung nicht
hoch genug angesetzt werden. Je geringer die intuitive Bedienbarkeit, desto geringer ist der Nutzen für den Schüler und
desto höher der Zeitanteil, den der Lehrer allein für Hinweise und Instruktionen zur Bedienung des GTR aufwenden muss.
Der Handbuch lesende, sich selbst instruierende Schüler ist höchst selten anzutreffen, und auch als Lehrer möchte
man nicht für jede Kleinigkeit das Handbuch heranziehen müssen.
- Der GTR muss sich im Rechenmodus wie ein „normaler“ Taschenrechner bedienen lassen, so dass die in der Sek. I erworbenen
Kenntnisse und Fähigkeiten zur Bedienung eines WTR genutzt werden können. Dazu gehört insbesondere eine Taste zur Eingabe und Umwandlung
von Brüchen und auch die Anzeige von mathematischen Ausdrücken in „natürlicher Darstellung“. Der GTR darf hinsichtlich
Bedienung und Anzeige nicht hinter aktuellen WTR zurückbleiben.
- Der GTR sollte über ein Betriebssystem und Applikationen verfügen, die via Computer und Datenkabel (oder Speicherkarte)
aktualisiert werden können. Dadurch sind Verbesserungen und Erweiterungen der Funktionalität möglich, ohne ein neues
Gerät anschaffen zu müssen.
Was wichtig sein könnte
Die individuellen Umstände an einer konkreten Schule können dazu führen, dass weitere Kriterien für die Auswahl
eines Modells entscheidend sind. Die folgenden Punkte sollten bedacht werden.
- Einige Modelle erlauben es, über externe Sensoren unterschiedliche Messwerte zu erfassen, was speziell für den Einsatz in
den Naturwissenschaften interessant sein könnte.
- Vielfach gibt es als Zubehör Software, mit der sich z.B. ein GTR auf dem PC emulieren lässt, mit der sich Arbeitsblätter
unter Rückgriff auf Screenshots erstellen lassen oder die gar eine Vernetzung und Überwachung der GTR eines Kurses ermöglicht.
- Die Finanzierungsprogramme der Hersteller unterscheiden sich deutlich. Bei einem hohen Anteil sozial schwacher
Elternhäuser wird das attraktivere Finanzierungsprogramm vielleicht den Ausschlag bei der Modellempfehlung geben.
- Unterrichtswerke sind zwar in der Regel nicht konkret auf einen bestimmten GTR bezogen, die in den Büchern enthaltenen
Abbildungen stammen aber von real existierenden Modellen und hinsichtlich der Aufgabenstellungen ist ebenfalls nicht
auszuschließen, dass sie sich im Sprachgebrauch oder konkreten Arbeitsaufträgen an einem bestimmten Modell orientieren.
Das sollte man – auch bei der Anschaffung eines neuen Unterrichtswerks – im Blick behalten.
- Der Umfang und die Qualität des von den Herstellern und Verlagen zu einzelnen GTR angebotenen didaktischen Begleitmaterials
unterscheidet sich erheblich. Wer mit solchen Materialien arbeiten möchte, sollte auch das in die Entscheidung mit einbeziehen.
Was nicht wichtig ist
- Seit 2011 entdecken die Hersteller das Farbdisplay für den GTR wieder neu (Casio hatte mit der CFX-Reihe schon in den 90er Jahren
Modelle mit Farbdisplay, allerdings technisch nicht vergleichbar mit den aktuellen Geräten).
Der Mehrwert für den Unterricht hält sich meines Erachtens sehr in Grenzen, die Nachteile wiegen diesen vermutlich auf:
Farbdisplays sind teurer als monochrome LCD-Displays, der Preis für solche GTR entsprechend auch.
Ein GTR mit Farbdisplay hat eine höhere Attraktivität für Spiele auf dem GTR (ja, das gibt es auch ...), so dass die Problematik
der im Unterricht spielenden statt rechnenden Schüler zunimmt.
Und letztlich ist der Stromhunger der Farbdisplays höher, so dass z.B. TI einen integrierten Akku statt der üblichen 4x AAA Batterien einsetzt.
- Einige Modelle verfügen über eine DGS-Applikation (Dynamische-Geometrie-Software). Das scheint zunächst
ein Mehrwert zu sein, aber zum einen sind die Einsatzmöglichkeiten in der Sek. II nach gegenwärtigem Lehrplan sehr begrenzt (anders als in der Sek. I)
und zum anderen ist das Display eines GTR schlicht zu klein und die Bedienung zu umständlich – daran kann auch die (theoretisch) gute
Idee der berührungsempfindlichen Cursortaste des TI-nspire nichts ändern.